Montag, 11. Juni 2012

Gordische Knoten, oder: Was mache ich hier eigentlich?

Sicherlich kann man sich fragen, was ein Gordischer Knoten mit Biologie zu tun hat. Sicher nicht viel. Der Sage nach konnte man diesen Knoten am Streitwagen des Königs Gordios finden. Löste man diesen, so hatte man die Herrschaft über Vorderasien. Alexander der Große nahm das beim Wort und schlug den Knoten eleganterweise entzwei.
Um jetzt mit langer Rede und wenig Sinn auf mein eigentliches Promotionsthema zu kommen, hole ich noch ein wenig aus:
Ursprünglich hatte ich wirklich keine Lust mehr auf eine Doktorarbeit. Ich wollte endlich Geld verdienen! Jeder im Freundeskreis schleppt die dicke Kohle nach Hause, während man selbst auf der bekannten Grenze dahinschreitet: "Zum Sterben zu viel, zum Leben zu wenig."
Frustrierenderweise sind neun von zehn der - ohnehin - raren Stellenausschreibungen mit der Vorraussetzung "abgeschlossene Promotion" gekennzeichnet.
Ich war und bin auch immer noch der Meinung, das ein motivierter Masterabsolvent auch einen guten Job machen kann, wenn man ihm die Chance dazu lässt. Ich bekam diese Chance nicht.
Glücklicherweise konnte ich an meiner alten Uni, dank des Arbeitsamtes (!), zumindest vier Wochen lang ein Laborpraktikum machen. Für mich ist Molekularbiologie irgendwie sehr weit von der eigentlichen Biologie entfernt, weil man nur irgendwelche Proben (in der Regel Flüssigkeiten) zusammenschüttet und guckt was dabei rauskommt. Es war zwar ein gutes Praktikum, aber Labor? Neee, muss nicht sein.
Dennoch: Zwei gute Folgen hatte dieses Praktikum:
  1. Meine anfängliche Abneigung zu einer Promotion entwickelte sich zu "Ach, wenn es halt sein muss, mach ich es halt." und
  2. Über eine Stellenausschreibung fand ich ein interessantes Promotionsthema im angegliederten Zoologischen Museum.
Damit komme ich auch schon zu den Tieren, mit denen ich mich die nächsten Jahre beschäftigen werde, den sogenannten Saitenwürmern oder Nematomorpha. Die meisten - so wie ich - werden noch nie davon gehört haben.
Ehrlich gesagt: An den Tierchen ist auch nicht viel dran. Das Aussehen ist eher unspannend, es sei denn man hat ein Rasterelektronenmikroskop. Im Prinzip muss man sich diese Würmer als langen Schlauch vorstellen, der mit Eiern bzw. Spermien gefüllt ist.
Nun kommt aber erst das interessante: Die Würmer sind Parasiten von v.a. Insekten. Die Entwicklung von der Larve zum ausgewachsenen Tier findet also komplett in einem Insekt statt. Wenn der Wurm ausgewachsen ist und sich zur Paarung begibt passiert etwas eigenartiges, dass bisher nicht genau geklärt ist: Er übernimmt die Steuerung des Insekts und sorgt dafür, dass dieses sich selbstmörderisch in Wasser begibt. Von kleinen Pfützen, bis Flüssen kann alles dabei sein. Auch Badewannen und Kloschüsseln. Im Wasser findet dann die Paarung statt, bei denen sich regelrechte Wurm-Knäuel bilden.
Und da diese Knäuel einem unentwirrbaren Knoten - einem gordischen Knoten - ähnlich sehen, haben kreative Wissenschaftler dieser Familie den Namen Gordiidae gegeben. Toll, oder?
Nicht nur diese Würmer haben was mit diesem Knoten zu tun, auch mein Gehirn fühlt sich teilweise an, als ob es sich zu unentwirrbaren Schlingen vertäut. Aber das legt sich hoffentlich ;)

Da diese Tiere nun so wenig bekannt sind, muss viel Forschungsarbeit geleistet werden.
Ich werde mich dabei um den Aufbau der Fortpflanzungsorgane kümmern:
Wie entwickelt sich das von der Larve zum erwachsenen Tier?
Gibt es Unterschiede bei den verschiedenen Arten?

Bevor es so richtig losgeht, müssen die Finanzen geklärt sein. Da eine bezahlte Stelle nicht vorhanden ist, werden die ersten beiden Monate damit vergehen, Bewerbungen für Stipendien zu schreiben. Das ist leider nichts, was man mal so eben an einem Tag erledigen kann.

Aber immerhin geht morgen die erste Bewerbung raus, dann nur noch bis Ende des Jahres auf eine Antwort warten.

...und ich bin so ein ungeduldiger Mensch!

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